Wilderei bedroht viele Großwildtiere - dennoch genehmigte die Bundesregierung nach SPIEGEL-Informationen auch im vergangenen Jahr die Einfuhr von mehr als 600 Jagdtrophäen streng geschützter Arten.
Von Axel Bojanowski
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Tieren ihr Leben zu rauben, ist beliebtes Hobby: Die Nachfrage nach "Jagdreisen" ist groß, insbesondere das Totschießen von Großwild in Afrika ist populär. Kataloge zeigen Jäger, die stolz mit ihrer Beute posieren.
Körperteile der Löwen, Elefanten, Nashörner werden zu Hunderten nach Deutschland eingeführt - das zeigt die Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der Grünen, die dem SPIEGEL vorliegt: 2017 erteilte das Bundesamt für Naturschutz (BfN) demnach 615 Einfuhrgenehmigungen für Jagdtrophäen geschützter Tiere, ähnlich viele wie in den Jahren zuvor.
"Es ist absurd, dass ganz legal jede Menge Trophäen von streng geschützten Tieren importiert werden dürfen", sagt Steffi Lemke, parlamentarische Geschäftsführerin der grünen Bundestagsfraktion. "Viele der Tiere sind durch Wilderei und den Verlust von Lebensräumen vom Aussterben bedroht."
"Überdenken und stoppen"
Das BfN stellte vergangenes Jahr beispielsweise 24 Genehmigungen aus für Jagdtrophäen von Löwen, 26 für Leoparden, 24 für Flusspferde, 15 für Afrikanische Elefanten, 14 für Braunbären und 5 für Geparden. All diese Tiere stehen unter besonderem Schutz.
Die neue Bundesregierung müsse dringend handeln, fordert Lemke: "Angesichts der dramatischen Situation beim Artenschwund sollten Deutschland und Europa diese Praxis bei Jagdtrophäen überdenken und stoppen."
Die Einfuhr von Jagdtrophäen regelt das Washingtoner Artenschutzabkommen (Cites). Einzelne Länder können Importverbote verhängen, die 28 EU-Staaten aber haben sich auf ein gemeinsames Vorgehen verständigt.
Ausnahmen für die Wissenschaft
Die Regeln für Importe lauten: Die Jagd muss legal gewesen sein, also in Gebieten erfolgt sein, wo die Bestände von Wildhütern kontrolliert werden. Außerdem dürfen die Trophäen nicht verkauft werden, sondern müssen für den Privatbesitz oder für Wissenschaft oder Museen bestimmt sein.
Die Entscheidung im Einzelfall trifft das BfN. Umweltverbände kritisieren die Behörde: "Das Bundesamt für Naturschutz nutzt seinen Spielraum nicht, solche Einfuhren zu untersagen", erklärt Pro Wildlife. Regierungsdaten aus den Jahren 2005 bis 2014 belegen, dass Anträge auf Einfuhr von Jagdtrophäen in fast allen Fällen genehmigt wurden.
Die Unsicherheiten seien groß, ergänzt der Nabu: "Die Jagdländer liefern keine zuverlässigen Daten, Jagdquoten werden willkürlich gesetzt, Wilderei und Korruption grassieren", heißt es in einer Stellungnahme des Umweltvereins. Das BfN mache es sich zu leicht, auf die Angaben zu vertrauen.
Das Bundesamt aber vertraut auf seine Experten: "Die Wissenschaftliche Prüfgruppe der EU sowie die Einfuhrgenehmigungsbehörden der EU-Mitgliedstaaten sind sich ihrer Verantwortung bewusst bei ihren Entscheidungen darüber, ob die Jagd im Einzelfall nachhaltig ist oder nicht", teilt das BfN auf Anfrage mit.