Gesellschaftsjagden in der Waldlewitz sind beliebt: 222 Jäger schießen an zwei Tagen insgesamt 189 Wildschweine – Quelle: https://www.svz.de/18563986 ©2017
von Katja Müller
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Es herrscht wieder Ruhe im Wald zwischen Bahlenhüschen und Friedrichsmoor. An zwei Tagen haben 222 Schützen einige Stunden auf ihren Hochsitzen gefroren, während auf 4100 Hektar um sie herum 110 Treiber mit rund 100 Hunden das Wild zur größten Gesellschaftsjagd des Landes aufscheuchten. Alles unter der Regie von Forstamts- und Jagdleiter Christian Lange. Für viele Weidmänner in der Region ist diese Jagd Anfang Dezember Tradition, die Plätze für das kommende Jahr fast ausgebucht. Aus dem gesamten Bundesgebiet reisen die Jäger an Auch Dänen und Schweden haben sich wieder angemeldet – wegen der Natur und der teilweise großen Strecken. Im vergangenen Jahr gab es einen Rekord bei den gestreckten Wildschweinen: 146 an einem Tag. In diesem Jahr wurden in Friedrichsmoor 72 und in Bahlenhüschen 115 erlegt. 19 Stücken Rotwild und 61 Rehwild, 9 Füchse und ein Waschbär kamen hinzu.
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Um die hundert Jäger, jeder ausgestattet mit einer Waffe – das ist nicht ganz ungefährlich. Doch Angst hat Professor Dr. Werner Janssen nicht. Der Rechtsmediziner ist durch seinen Beruf zur Jagd gekommen. „Viele Jagdunfälle sind auf meinem Tisch gelandet. Ich merkte, ich brauche Fachwissen.“ Der Hamburger machte das grüne Abitur – zunächst in Finnland, 1978 dann den deutschen Jagdschein. Trotz vieler Tragödien, die auf seinem Seziertisch landeten, ist die Passion für die Jagd stets gewachsen. „Ich kenne die Fehler und weiß, wie man es eben nicht macht“, sagt der 93-Jährige. Ihm ist es auch gar nicht wichtig, jedes Mal etwas zu erlegen. „Allein, die Natur hier zu genießen, ist eine wahre Freude.“
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Schon sein halbes Leben lang geht er mit zur Jagd. Das sind nun gut 40 Jahre. Geschossen hat Erwin Kaiser aber noch nie. Er ist Treiber. Seine Waffe ein Stock. Damit kämpft sich der 81-Jährige durch Dornenhecken, Gestrüpp und Gräben. In Bahlenhüschen und Friedrichsmoor zwängte er sich durchs Dickicht, stets darauf gefasst, dass vor oder neben ihm ein Wildschwein aufspringt. Nicht ungefährlich. „Es erfreut mein Herz, wenn ich das Wild sehe“, die Erklärung des eher wortkargen Mannes. „Das hält auch fit“, schiebt Kaiser hinterher. Diesmal gab es für ihn zudem reichlich Training für die Arme: „Es war zu nass, ich musste Atze die ganze Zeit tragen“, sagt er und streichelt dem kleinen Dackel über den Kopf.
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Lautes Knattern dröhnt durch den Nebel im Wald. Quads kämpfen sich durch den Schlamm – das wird von vielen Förstern und auch Jägern in ihren Revieren gar nicht gern gesehen. Aber diesmal war es sogar ausdrücklich erwünscht: „Der Regen hat alles aufgeweicht, auf den Wegen ist kein Durchkommen. Wir brauchten eine Alternative“, sagt Jagdleiter Christian Lange. Acht Quads waren an beiden Jagd-Tagen im Einsatz, um das Wild zu bergen. Und auch die geübten Fahrer hatten zum Teil Schwierigkeiten. „Es hat uns aber gezeigt, dass Quads im Wald auch durchaus nützlich sein können“, schiebt Forstamtsleiter Lange hinterher. Im kommenden Jahr werde er, wenn das Wetter wieder so miserabel ist, erneut darauf zurückgreifen. Aber nicht nur damit ist der Forstamtsleiter zufrieden: „Es war eine gute Jagd, wir haben das abgeschöpft, was da ist. Und ganz wichtig: Es gab keine Verletzten“, betont Christian Lange.
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„Zweine zießen“. So hört es sich an, wenn der Däne Bo Fyhn zur Jagd aufbricht. Wildschweine stehen bei ihm hoch im Kurs, die könne er bei sich zu Hause nicht jagen. Der Grund: „Wir haben keine.“ Vor fünf Jahren hat sein Bruder bei einer Jagd in Norwegen von der großen Gesellschaftsjagd in der Waldlewitz erfahren. Seitdem sind beide dabei, haben viele Freundschaften geschlossen. „Es ist trotz der Größe eine familiäre Atmosphäre.“ In diesem Jahr hat er kein Schwein, sondern nur ein Reh geschossen. „Macht nix. Es ist trotzdem immer wie ein kleiner Urlaub.“ Nächstes Jahr kommt er wieder. „Vielleicht habe ich dann Zwein.“